Wie erkläre ich es meinen Enkelkindern, wie es damals war – und wie es überhaupt soweit kommen konnte…

Das wohl beste Anschauungsbeispiel für Desinformation, Deutungshoheit, Denkverbot und intellektuelle Zwangsentmündigung gegenüber der Bevölkerung, Meinungsdiktatur und Propaganda liefert gut 80 Jahre später das Mainstreammedium SPIEGEL. Da ich die Beiträge von „Rationalist, Psychologe, Professor, usf“ Christian Stöcker nicht alle lese, kann ich nicht beurteilen, ob seine Texte immer als Negativ-Vorzeigebeispiel hinhalten können.

Auch wenn der Autor sich zunächst tatsächlich gegen die Propagandamaschinerie des Ostens sowie die Typologie der unerträglichen Schwurbelsozialmedien richtet - sein Rundumschlag geht wesentlich tiefer:

Mit einer an Absolutismus und gigantischer Selbstüberschätzung grenzenden schreienden Unverfrorenheit degradiert er am 2. Oktober 2022 (Virale Nord-Stream-Thesen: Die Copy-Paste-Propaganda) öffentlich ALLE, die es wagen zu denken, zu diskutieren oder zu hinterfragen zu Untermenschen, die gefälligst die Klappe halten mögen – und das gerne auf ewig.

Da ich nicht in den unsozialen Medien unterwegs bin, weiss ich nicht, was sich da alles für Spezialfälle tummeln. Es mögen durchaus eine ganze Menge sein. Das sieht man auch in den Leserkommentarspalten in Medien und Leitmedien (wobei hierzu noch ein Wort zu asymmetrischer Filtrierung und Zensur verloren werden könnte). Auch die ungesuchten einseitigen aad-Kontakte von Vertretern der Schwurbelmatikerblase haben mir durchaus gereicht: Hier gehe ich mit dem Autoren völlig einig.

Christian Stöcker hingegen kennt alle Menschen einzeln – auch jene ausserhalb der Feindblase. Auch die im stillen Kämmerlein mittels Indizien und Ausschlussverfahren analysieren. Alle. Er kennt alle Militärgeheimnisse der Welt – allein ihm vertrauen sich die Nachrichtendienste an -, und vor allem biegt er sich diese Wünsche, Visionen, Angst- und Beissreflexe lautstark so zurecht, dass sein Weltbild in Pseudowissenschaft daherkommt.

Dass die Schlüssigkeit beziehungsweise Konsistenz seines Artikels etwas liederlich ist, das muss man einem Professor unter Lieferstress wohl nachsehen. Herrlich: Bis zur Stunde weiss niemand, wer hinter den North Stream 2 Sabotageakten steckt – Christian Stöcker weiss vollkommen absolut alleinseligmachend, wer NICHT dahinter steckt: Medienhäuser dieser Welt - fragt Onkel Stöcker. [Tun sie ja...]

Auch ohne Psychologiekurs kann man sein journalistisches Verhalten einordnen. Und dieses Elaborat ist geradezu ein Meisterstück, anhand dessen ich es meinen Enkeln einst erklären will, wie es damals soweit kommen konnte.

Heute sind es nicht Gärtner oder Juden oder Fahrende – heute sind es die Russen. Das allein wäre im gegebenen Kontext ja soweit noch verkraft- und nachvollziehbarbar – aber gemäss dem rationellen Posaunen- und Trumpetendenken von Christian Stöcker ist es absolut, total, vollkommen unmöglich, dass ausserhalb dieser Russophobie noch irgendwelche anderen Schurken auf den sieben Weltmeere kreuzen. Nur Russen. Ei, was verdrängt denn der Herr Kollege da? Deshalb diese Bugwelle?

Absolut Schuld am Unglück der Menschheit können also momentan nur die Russen sein. Dieses fatalistisch-infantile, pauschale „Alle… sind…“ - Denken wird einem schon im Einstieg zum Personalmanagement warnend nähergebracht. Ein richtiger Psychologe dürfte darüber noch mehr wissen. Warum der Autor das Wissen darüber ignoriert, ist wohl einem aufgeputschten unreflektierten Interessenskonflikt geschuldet; und auch – wie man sieht – verstörender journalistischer Unsorgfalt. Um ein sehr hässliches Schimpfwort zu placieren: „Auftragsschreiber“. Ähnlich toxisch wie psychiatrische falsche Auftrags- oder Gefälligkeitsgutachten, die nur ein Ziel verfolgen: Zerstörung. In einer Schweizer Tageszeitung findet sich heute ein Beitrag: „Wer vom Schreiben leben will, muss «moderierbar» sein“. Wissen wir in der Branche längst.

Da beklagt sich der Autor über Gleichklang und Propaganda ANDERER… Das offenbar erheblich geleitete Leidmedium SPIEGEL bietet immer gerne Hand und Plattform für solche unausgegorene Exkurse. Nebst „Telegram-Blasen“ gibt es ja auch noch „His Masters Voice-Blasen“. Gibt Stöcker ja selber zu bedenken – allerdings ausschliesslich bei den anderen, den „Bösen“.

Ja: so erkläre ich es meinen Enkeln. So ungefähr – und umrissen mit Begriffen wie Büttel oder Steigbügelhalter oder Sekundant -; aber ich erkläre es nicht absolutistisch schwarz-weiss. Die Enkel sollen später selber denken.
Unangeschrieen.

Ähm, was ich eigentlich ursprünglich noch kurz sagen wollte, zur Pipeline:

Cui bono?

North Stream 2 verhindern? Das war schon länger erklärtes Ziel von Kiew, den USA sowie Polen, Litauen, Lettland und Moldau. Im Gaspipelinekrieg zwischen Kiew und Moskau wollte Kiew nicht auf die 2 Milliarden jährlich für die Durchleitungsrechte verzichten. Auch nicht auf abgezweigtes Gas. North Stream 2 wäre für Kiew eine Katastrophe.

Gelesen in den Medien im März 2018:

„Kiew will "Nord Stream 2" mit allen Mitteln verhindern. Es genießt die volle Unterstützung der USA. Außerdem stellten sich die Parlamente in Polen, Litauen, Lettland und Moldau mit einem Protestbrief gegen "Nord Stream 2": Die geplante Pipeline sei eine "Bedrohung für die Energiesicherheit in der EU."“

Et voilà: mit *allen* Mitteln… Und der letzte Satz ist natürlich völlig verrückt: Wie sollen MEHR Ost-West-Pipelines die Energiesicherheit Europas bedrohen? Weil man sie alsbald zu sprengen vor hat? Ein Mysterium!

Deutschland wurde von den USA für den Fall, dass NS 2 in Betrieb genommen würde, mit unmissverständlich deutlichen Sanktionen bedroht. Kam wiederholt in sämtlichen Medien inkl. Spiegel. Wie schnell man doch vergisst, wenn Angst oder Ideologie mitspielt.

Und ja: Die USA begannen nicht grundlos sehr frühzeitig mit Erdgasfracking.

Zudem ist es merkwürdig: Mit heutigem Sonar kann man selbst den Dialekt der Fische unterscheiden – aber ein aufwendiges motorisiertes feindliches Sprengkommando fällt dann nicht auf?

Wahrscheinlich wird es - aus politischen Gründen - in gut zwei Wochen heissen, die Leitungen seien aus technischen Gründen, ohne Fremdeinwirkung, geborsten. „Experten“ gibt’s ja mittlerweile mehr als genug.

Nicht dass Zweifel aufkommen, ob ich russenfreundlich bin: Der Streit um Gas zwischen Kiew und Moskau ist schon alt.

Nach dem Korruptionsindex von Transparency International ist Russland das korrupteste Land auf dem europäischen Kontinent. Direkt gefolgt von der Ukraine. Wir erleben also ein Duell der Giganten. In diesem Schauspiel dürfen auch ein paar Lieferanten nicht fehlen, wie man sieht.

Wir in Europa sind lediglich Kollateralschaden, nützliche Idioten, Marionetten, Zahler. Europa ist nicht „first“.